Warum haben Menschen ein Gehirn?

Warum haben Menschen - im Gegensatz zu Pflanzen - ein Gehirn? Weil sie sich bewegen müssen, um existieren zu können.

 

Diese Antwort ist sogar einen Nobelpreis wert.

 

Der moderne Mensch hat Milliarden von Nervenzellen, zwischen denen Billionen von Ver-bindungen entstehen. Dieses Sys-tem befähigt uns zu komplexem Denken. "Aber alle Hirnleistungen bauen letztlich auf unserer Fähigkeit auf, uns zu bewegen", wie Prof. Peter Thier vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen erläutert. Diese Fähigkeit wiederum setzt voraus, dass unser Gehirn ein "tragfähiges Konzept von Raum und Zeit" erstellt , wie Thier ebenfalls ausführt. Hätten wir diese Fähigkeit nicht, würden wir uns hoffnungslos verirren und nie wieder an einen gewünschten Punkt zurückfinden.

 

Die ursprünglichste Aufgabe unseres Gehirns liegt also in der Fähigkeit zur Bewegung. Viele Jahrhunderte lang sah man Denken und Bewegung als streng getrennte, entgegengesetzte Fähigkeiten, die nichts miteinander zu tun haben. Mehr noch als das. Man unterband sogar das eine, um das andere besser ausführen zu können.

"Sitz still, damit du dich besser konzentrieren kannst!"

Diesen Satz hat wohl jeder als Kind gehört. Oder jeder Elternteil seinem Kind schon gesagt. Mit den besten Absichten. Ohne zu ahnen, dass das Gehirn damit seiner wichtigsten Voraussetzung für eine effiziente Arbeitsweise beraubt wurde.

 

An dieser Stelle soll jedoch gleich einem Missverständnis vorgebeugt werden: Kinder sollen natürlich nicht herumzappeln. Es gibt durchaus Phasen, in denen Stillsitzen angebracht ist. Niemand kann schreiben, während er geht. Aber wenn es mit der Konzentration nicht klappt, dann hilft es nichts, wenn man noch stiller sitzt. Das Auf-und-Ab-Gehen beim angestrengten Nachdenken ist eine natürliche Reaktion, der man nachgeben sollte. Die Hirnforschung ist gerade dabei, diesen Effekt mit wissenschaftlichen Fakten zu untermauern.

 

Das geschieht auf allerhöchstem Niveau. Im Herbst 2014 erhielt der Amerikaner John O`Keefe den Nobelpreis für Medizin für die Entdeckung der sogenannten Ortszellen (space cells) im Gehirn. Diese werden immer dann aktiv, wenn man an einem bekannten Ort ist. Ursprünglich bei Ratten entdeckt und erforscht stellte man fest, dass auch Menschen über diese Zellen verfügen. Weiters stellte man fest, dass diese Zellen auch über eine sehr große Speicherkapazität verfügen und dass sie überhaupt für das Erinnern aller möglichen Inhalte von größter Bedeutung sind.

 

Die Forschung auf diesem Gebiet ist erst am Anfang. In den nächsten Jahren ist mit weiteren bahnbrechenden Ergebnissen zu rechnen. Man muss allerdings nicht solange warten, bis alles wissenschaftlich belegt ist. Man kann sich auch jetzt schon auf seinen Hausverstand verlassen und sein Gehirn für genau das verwenden, wofür es eigentlich gemacht wurde, nämlich für Bewegung. Dann wird es auch am besten funktionieren.

Man kann nicht früh genug damit beginnen.

Und es ist nie zu spät dafür.